Sind unsere Bücherregale bald alle digital?

Das gebundene Buch in Papierform ist nach wie vor ein mächtiges Symbol. Es strahlt Kultiviertheit, Belesenheit und Bildung aus. Und so kann man diesbezüglich mit einem gut gefüllten Bücherregal die intellektuellen Muskeln spielen lassen – selbst wenn man schon ewig keines der Bücher mehr in der Hand hatte (außer beim Staubwischen). Mit einer umfassenden Bibliothek, die unsichtbar in der Cloud oder auf dem USB Stick liegt, lässt sich die eigene Bude natürlich nicht so symbolträchtig einrichten. Und doch liegt genau dort die Zukunft. Denn im digitalen Informationszeitalter wird es für nachfolgende Generationen nur noch sehr schwer vermittelbar sein, warum sie zu Zeitung, Roman und Sachbuch greifen sollten, wenn ihnen diesbezüglich die literarische und publizistische Welt zu den Fingerspitzen liegt. Im Ebook-Reader und im Smartphone.

Printmedien haben seit dem Buchdruck eine große Erfolgsgeschichte hingelegt und waren ein immens wichtiger Katalysator für die gesellschaftliche, technische sowie kulturelle Entwicklung der Menschheit. Eine Entwicklung, die sie nun selbst obsolet zu machen droht. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass Papier als Medienform ganz verschwinden wird. Doch wird es immer mehr zum Nischenprodukt werden. Insbesondere die „Wegwerf“-Medien, wie Tageszeitungen, Werbeprospekte und Werbebriefe, haben schon jetzt eigentlich keine Zukunft mehr. Mit digitalen Medien aufwachsende, zunehmend umweltbewusste Konsumenten können solch schwindsüchtigen Formaten, für die ganze Wälder abgeholzt werden, einfach nichts mehr abgewinnen. Und das ist eine gute Entwicklung!

Netapp statt Ikea

Einzig und allein im Ressort der Bücher wird Printmedien noch eine gewisse Zukunft eingeräumt. Allein schon weil viele heute noch das traditionelle Buch bei langen Texten schätzen. Haptik, Geruch und weitere nostalgische Assoziationen verleihen dem Buch aus Papier hier weiterhin einiges an Strahlkraft. Doch mit jeder Generation, die sich biografisch immer selbstverständlicher von dieser alten Medienform emanzipiert, werden diese nachvollziehbaren, doch rein romantisch veranlagten Argumente an Bedeutung verlieren. Wahrscheinlich nicht insoweit, dass Bücher aus Papier komplett von Ebook und Co. verdrängt werden. Doch in dem Maße, in dem schulischer Unterricht, informativer Medienkonsum und Werbung immer weiter digitalisiert werden, werden die Bücherregale der Zukunft nicht mehr bei Ikea besorgt, sondern von Hardware und Datenmanagement Providern wie Netapp abgewickelt werden.

Auch dies ist ein Vorteil von Ebooks, der traditionelle Bücher für junge und kommende Generationen nur schwer vermittelbar machen wird. Warum sich das Zimmer mit etwas voll stellen, wenn man ein vielfaches dieser Menge rein digital unterbringen kann? In Anbetracht von steigendem Minimalismus, einem wachsenden Hang zum pragmatischen Umweltbewusstsein sowie digitaler Affinität wird das Buch (und mit ihm das Bücherregal) in Zukunft wohl eher was für Enthusiasten werden.

Papier ist geduldig

Doch ehe wir das Papier bzw. die Bücher (buchstäblich) in Bausch und Bogen verdammen, brechen wir eine letzte Lanze für das Buch alter Schule. Denn so überholt es de facto sein mag, hat es einige (durchaus nicht nur sentimentale) Attribute, die ihm noch eine gewisse Zukunftsfähigkeit – und sei es nur in Nischen – sichern werden. Denn Papier ist geduldig und Geduld ist gerade in unseren hektischen und optimierten Zeiten ein wertvolles Gut. Mit Blick auf das Buch wird diese Geduld durch folgendes verkörpert:

  • Bücher sind technisch anspruchslos – Nie wird man ein Update oder die korrekte Betriebsspannung für ein Buch brauchen.
  • Bücher sind widerstandsfähig – Sie sind auf eine Art und weise robust, von der technische Geräte nur träumen können. Ob man seinen Ebook Reader, das Tablet oder den kompakten Laptop am Stand bei steifer Brise hervorholt, wird man sich zweimal überlegen. Ein Buch erfordert solche Bedenken nicht.
  • Bücher wissen, was sie wollen – So zielgerichtet uns digitale Medien zu den Informationen bringen können, die wir suchen, so müssen wir uns aber auch mit einem ganzen Dschungel an Ablenkungen arrangieren. Ein Buch ist diesbezüglich zwar langsamer – aber auch einfacher.
  • Bücher funktionieren (fast) überall – Auch bei schlechter Konnektivität und Stromausfall.
  • Bücher haben Charakter – Und somit wenigstens ein sentimentales Argument, das man der Vollständigkeit halber ruhig erwähnen darf. Vielleicht sogar muss.
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